Passive Schutzeinrichtungen

Passive Schutzeinrichtungen Graphik 1

Passive Schutzeinrichtungen schützen vor den Folgen von der Fahrbahn abkommender Fahrzeuge und Personen. Bevor Schutzeinrichtungen eingesetzt werden ist zu prüfen, ob die passive Sicherheit nicht durch Beseitigung der Gefahrenstellen oder andere geeignete Massnahmen erreicht werden kann.

Anforderungen an die Schutzeinrichtungen

Die Fahrzeug-Rückhaltesysteme unterstehen dem Bauproduktegesetz (SR 933.0). Auf den Schweizer Strassen dürfen nur Systeme eingesetzt werden, welche die Konformitätsbestimmungen erfüllen, d.h. über ein EG-Konformitätszertifikat der Schweizer Prüfstelle DTC Dynamic Test Center AG, Vauffelin, verfügen. Die Hauptelemente zertifizierter Systeme sind mit dem CE-Zeichen, der Identifikationsnummer der Prüfstelle, dem Herstellerkennzeichen und einem Rückverfolgbarkeitscode gekennzeichnet (ASTRA 81 002). Im Schadenfall sind die Produkte bis auf das Grundmaterial rückverfolgbar. Damit wird ein Qualitätsstandard sichergestellt der garantiert, dass ein System im Falle eines Anpralls entsprechend den Prüfbedingungen funktioniert.

Schutzeinrichtungen sind Stossdämpfer

Passive Schutzeinrichtungen wirken für anprallende Fahrzeuge als Stossdämpfer mit dem Ziel, Verletzungen von Fahrzeuginsassen soweit wie möglich zu vermeiden. Das Längselement des Systems, die Schutzplanke oder das Kastenprofil wirkt als Zugband. System-Anfang und System-Ende sind zugfest verankert. Die Befestigungen zwischen Pfosten und Längselement wirken als Sollbruchstellen. Die Leitschranke deformiert sich im Falle eines Anpralls nach hinten ohne zu durchbrechen. Die maximale Deformation eines Systems nennt man Wirkungsbereich (SN 640 561).  

Die Leistungseigenschaften der Systeme

Aus der sicherheitstechnischen Analyse geht hervor, ob eine passive Schutzeinrichtung notwendig ist und welche Leistungseigenschaften am betreffenden Strassenabschnitt erforderlich sind. Die Fahrzeug-Rückhaltesysteme (Leitschranken, Leitwände, Anpralldämpfer) unterscheiden sich nach Aufhaltestufen, Anprallheftigkeitsstufen und Wirkungsbereich (SN 640 561), die Fussgänger-Rückhaltesysteme nach der zulässigen Verkehrslast (SN 640 568).   

Die Wahl des optimalen Systems

Fahrzeug-Rückhaltesysteme
Nicht alle Systeme eignen sich für alle Strassenabschnitte gleichermassen. Deshalb kommt der Wahl des richtigen Systems grosse Bedeutung zu. Im Rahmen der Projektierung wird als erstes evaluiert, welche Systemfamilie sich besonders eignet. Unter Systemfamilien verstehen wir Systeme verschiedener Aufhaltestufen, basierend auf dem gleichen Längselement. Es sind Systemfamilien verfügbar, die sich eher für kurvenreiche Strecken mit kleineren bis mittleren Frequenzen eignen. Andere werden bevorzugt entlang von geraden Strecken mit hohen Frequenzen eingesetzt.

Fussgänger-Rückhaltesysteme
Die Norm (SN 640 568) unterscheidet Systeme ohne Füllungen (z.B. Holmen-Geländer) und mit Füllungen (z.B. Staketen-Geländer). Die Kosten sind sehr unterschiedlich. Geländer mit Füllungen sind nur dort erforderlich, wo der Verkehrsraum von „vielen Kindern“ frequentiert wird.

Schutzsysteme für Zweiradfahrer
Rückhaltesystem können für Zweiradfahrer auch eine Gefahrenstellen bilden. Deshalb sind bei hoher Abkommenswahrscheinlichkeit die Fahrzeug-Rückhaltesysteme mit einem Unterfahrschutz für Zweiradfahrer auszurüsten.

Kombinierte Systeme
Oft ist gemäss sicherheitstechnischer Analyse sowohl ein Fahrzeug-Rückhaltesystem und gleichzeitig ein Fussgänger-Rückhaltesystem erforderlich. In diesem Fall lässt die Norm Kombinationen zu (SN 640 568). Ein 2-holmiges Fahrzeugrückhaltesystem kann i.d.R. auch als Fussgänger-Rückhaltesystem eingesetzt werden.      

Die korrekte Anordnung im Strassenraum ist entscheidend

Die passiven Schutzeinrichtungen sind Teil des Normalprofils einer Strasse. Sie stehen ausserhalb des Lichtraumraumprofils. Die Regelabstände zum Fahrbahnrand sind je nach Strassentyp verschieden. Die Systemhöhe bezieht sich immer auf den Fahrbahnrand. Zur Verhinderung des Hinterfahrens und des Aufgleitens auf Schutzeinrichtungen mit anschliessender Führung zur Gefahrenstelle sowie zur Sicherstellung der Leistung sind vor und nach der Gefahrenstelle Mindestlängen einzuhalten. Sie sind abhängig vom Strassentyp. Für richtungsgetrennte Autobahnen beträgt die Mindestlänge anfahrseitig 80 m, wegfahrseitig 16 m. Auf den übrigen Strassen gilt beidseits der Gefahrenstelle eine Mindestlänge von 40 m.  

Bestehende Schutzeinrichtungen sind oft selber Gefahrenstellen

Alte Schutzeinrichtungen der ersten Generation
Die ersten Leitschranken wurden in 1950er Jahren eingesetzt. Im Unterschied zu den heute dynamischen, energieadsorbierenden Konstruktionen waren die Leitschranken der ersten Generation statisch konzipiert. Das Längselement wurde mit festen Schraubenverbindungen an starre Pfosten befestigt. Solche Systeme sind auf Kantons- und Gemeindestrassen noch oft anzutreffen. Sie sind als Gefahrenstellen zu qualifizieren, wenn möglich zu eliminieren oder durch ein konformes System zu ersetzen.  

Neue, fehlerhafte Schutzeinrichtungen
Leider ist ein erheblicher Teil neu erstellter Systeme fehlerhaft und bilden deshalb Gefahrenstellen.  Vielfach hätte generell darauf verzichtet werden können, da sie bei korrekter Anwendung der massgeblichen Normen nicht erforderlich gewesen wären. Oft sind sie im Strassenraum falsch angeordnet oder nicht konform konstruiert. Solche Fehler lassen sich mit einer normenbasierten Analyse und Projektierung sowie mit nach Prüfplan durchgeführten Werksprüfungen vermeiden.